Ein (Alb)traum

Beides. Ganz eng aneinander, eigentlich nur getrennt durch den Lunchbreak. Aber fang ich doch direkt mal am Anfang meiner spannenden Geschichte aus dem tiefen, aber seltenen Schnee Australiens an:

Donnerstag, 16. Juli

Kurz vor dem geplanten Urlaub im Schnee, zu dem ich, zugegeben großzügigerweise, eingeladen wurde, haben sich die Planungen überschlagen. Ob wir nun Freitag oder Samstag fahren war ein bzw. zwei Tage vorher noch nicht klar. An diesem kalten Tag allerdings, wurde mir mitgeteilt, dass wir am Freitag losfahren, und doch bitte heute alle Taschen gepackt werden sollten. Man ist ja flexibel, kein Problem, jedenfalls zeitlich gesehen. Die Probleme kamen erst dann zu Tage, als mir klar wurde, dass diese Familie nicht verreisen kann ohne den 3 Meter hohen und 2 Meter breiten Kleiderschrank in eine Reisetasche zu packen um Selbige dann samt 7 Personen in den Landcruiser zu verfrachten. Nur Gott (und Toyota wahrscheinlich) weiß, wie wir das geschafft haben.

Freitag, 17. Juli

Heute sollte es also losgehen, “by lunchtime”. Früh um 6 noch arbeiten zu gehen habe ich mir nicht nehmen lassen, schließlich soll sich die Reisekasse fleißig weiter füllen. Mittags haben wir also geluncht und sind dann, 5 Kinder, Philippa und ich losgefahren. Mein Boss, der Griesskram, konnte glücklicherweise nicht mitkommen, erst am folgenden Tage folgte er unseren Spuren.

Samstag, 18. Juli

Nachem wir eine Nacht in einem leeren Haus einer befreundeten Familie in den Southern Highlands (ca. 100 km unterhalb von Syndey übernachtet haben, ging es nun direkt Richtung Thredbo, dem wohl bekanntesten und fast einzigen Skigebiet Australiens. Kurz vor Ankunft hat uns Hamish eingeholt, er war schon früh um 4 in Scone losgefahren.

Kurz bevor wir in die Snowy Mountains, in deren Zentrum Thredbo liegt, eingfahren sind, haben wir uns alles was man fürs Skifahren braucht ausgeliehen. Sogar die Kleidung leihen sich sonnen- und wärmeverwöhnte Australier aus.

Endlich in Thredbo haben wir unsere Lodge bezogen und den Kleiderscharnk vom Auto in die Zimmer verfrachtet. 8 Leute insgesamt, 2 Zimmer. Ich hatte die Ehre mit den Boys im Zmmer zu sein, wir waren zu viert. Die Eltern + Twins zogen in das andere Zimmer.

Sonntag, 19. Juli

Aufgestanden, angezogen, gefrühstückt und in bester Laune zum Liftpassshop. Als mir Philippa meinen Ski Pass überreichte, forderte sie mich auf zu lächeln und gut aufzupassen. Knapp 600 Dollar war der Papierschnipsel an meiner Jacke wert. Ich war dankbar und schwing mich mit allen zusammen auf den Chairlift. Was sich mir dann bot, übertraf alle meine künsten Erwartungen. Nie hätte ich gedacht, dass ich in einem solch großen, wirklich fast alpinen Skigebiet fahren würde. Massig schwarze Pisten, weitläufiges Arial, zumindest auf dem Berg auch ordentlich Schnee. So richtig begreifen konnte ich nicht, so mitten im Juli im Skianzug und mit österreichischen HEAD Ski auf dem Berg zu stehen.

Montag, 20. Juli

Nachdem ich die letzte Nacht zeitig ins Bett gegangen war, erblickte ichbeim Aufwachen herrlichen Sonnenschein und gute 10 Grad – eigentlich zu warm. An dem Tag war nicht nur die Luft, sondern auch die Gemüter leicht erhitzt. Obwohl man denken sollte, dass diese Familie sich wenigstens im Urlaub ein winziges bisschen entspannen kann, war es Stress pur. Am vormittag sind wir alle zusammen gefahren. Zu acht. 3 Erwachsene und 5 Kinder, die alle unterschiedlich schlecht ski fahren konnten. Die ganze Warterei und die ständige, unbefriedigte Lust, endlich los düsen zu können wären ja noch erträglich gewesen, wenn unser Ski-Genie Hamish nicht dabei gewesen wäre. War er aber – wie sch…ön. Dauernd hatte er was auszusetzen, an mir, an seinen Kids, an Allem. Ich war ihm nicht verrückt genug, seine Kinder stellten sich zu blöd an. Am besten hätte ich mit “meinen” Kids gewagte Jumps machen und Tiefschneefahren sollen. Ich bin aber meist hinter den Kids geblieben, um zu sehen, wo sie hinfahren, denn jeder hat einen anderen Weg eingeschlagen. Wenn dann unten im Tal mal jemand 2 Sekunden außer Sichtweite war, war ich selbstverständlich derjenige der ein Auge auf die Kids zu werfen hat und ja hier schließlich nicht “on Holiday” ist. “Stupid” und “silly” waren nur ein paar Worte, die ich mir habe gefallen lassen müssen, und ich war sehr kurz davor einfach “shut the f*** up” zu sagen und mich zu ver***en.

Nach dem Lunchbreak konnte ich aber alleine fahren, da waren die Kids in der Skischule und ich musste nur auf mich selbst aufpassen, was mir bestens gelang. Dann war es ein Traum. Es geht einfach nichts über die Aussicht von einem schneebedeckten Berg und dem Tal entgegen zu rasen. Herrlich. Und das alles komplett kostenlos. Das hat einiges gut gemacht.

Dienstag, 21. Juli

Eigentlich sollte schon heute Hamishs letzter Tag sein. Mr. Superwichtig hat wieder Meetings in Sydney und kann deswegen nicht bis zum Schluss bleiben. Sehr erfreut war ich, als ich erfuhr, dass er nun doch noch Mittwoch bleibt und erst Donnerstag fährt. Gekonnte Ignoranz haben die Tage bis zu seiner Abreise erträglich gemacht.

Mittwoch, 22. Juli

Nachdem der Schnee die letzten Tag immer energischer seinen Aggregatszustand änderte, krönte der Mittwochnachmittag sein Wettertief mit Regenschauern. Als ob Gott unser Unbehagen wahr genomen hätte, fielen die Temperaturen am abend und ließen Thredbo auch im Tal am nächsten Morgen schneeweiß erscheinen.

Donnerstag, 23. Juli

Nachdem am vormittag der Ex-Airforce-Pilot Hamish, der seinen Militärdrall noch immer gehörig auslebt, immernoch auf seinen Skiiern stand und rumgeschimpft hat, ist er zur Mittagszt endlich abgehauen, und hat uns, den Schnee und den blauen Himmel allein gelassen.

Freitag, 24. Juli

Wie auch schon am Vortag war prachtvolles Wetter und ich konnte den Ski Urlaub endlich richtig genießen. Nachmittags bin ich mit Chris gefahren. Chris war mit seiner Frau und seiner Enkeltochter auch in unserer Lodge und mit mir schon ein paar Abende abends im Pub. Er war, wie man sich ein Australier vorstellt, das komplette Gegenteil von meinen Gasteltern. Relaxed, laid back, gut gelaunt, nen fetten Aussie Slang auf den Lippen, interessiert und einfach funny. Mit seinen 49 Jahren war er fit wie ein Turnschuh und konnte demensprechend gut Skifahren. Wir waren gleichschnell auf unseren Brettern unterwegs und konnten so zusammen das Skigebiet unsicher machen. Herrlich! Toll! Großartig!

Samstag, 25. Juli

Leider der letzte Tag, aber wahrscheinlich der Beste, denn heute konnte ich den ganzen Tag mit Chris auf die Piste. Nur abends dann wurde es wieder stressig, denn der berühmte Kleiderschrank musste wieder ins Auto geladen und der Saustall von Zimmer aufgeräumt werden.

Sonntag, 26. Juli

In aller Herrgottsfrühe sind wir aufgebrochen um die 9 Stunden Fahrt noch vor der Dinnertime zu beenden. Vorbei an Millionen toter und endlich auch mal lebender Kängerus, vorbei an am Straßenrand rumliegender Wombat-Leichen, vorbei an gelangweilt auf den Feldern rumstehender Emus ging es also zurück. Halbe Mordszenen und gekonntes Ignorieren der Mommy seitens der Kids haben die Fahrt nicht einfach gemacht, kurz vor 6 abends, waren wir aber endlich daheim.

Last but not least, hab ich auch wieder ein paar nette Bildchen mit meinem Superhandy und mit der VideoCam von Chris geschossen:

Nun habe ich schon wieder eine Woche fleißig gearbeitet und habe nun noch 4 lange Wochen vor mir. Diese Zeit vertreibe ich mir neuerdings mit Backen und mit Pokern. Jeden Mittwoch findet im Golf Club ein Mini Poker Turnier statt. 10 Dollar zahlt man ein, ca. 17 Leute spielen mit. Beim ersten Game vor 3 Wochen musste ich mich nur einem Mitspieler geschlagen geben, vorgestern, mein zweites Mal, hab ich dann gewonnen. Zusammen 150 Bucks konnte ich so einheimsen, ganz gut für die Reisekasse, die bald auch durch eine ordentliche Steuerrückzahlung (hoffentlich) von rund 1000 Dollar aufgemöbelt wird (By the way: In Australien geht das Finanzjahr von Anfang Jule bis Ende Juni). 7000 Dollar nach meiner Nannyzeit ist das hochgesteckte Ziel. Mal sehen ob das klappt. Und mal sehen wie es hier mit meiner schrecklich netten Familie weiterhin klappt…

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