Halbzeitfazit

Aus mir unbekannten Gründen fand heute auf Arbeit eine Ausschüttung von Glücksharmonen in meinem Körper statt. Ich kehrte so durch die Werkshallen und war am tagträumen und rechnen, wieviele Tage ich noch hier im Dreck arbeiten muss (genau 15) und dabei ist mir eingefallen/klar geworden, dass schon über die Hälfte meiner Australienzeit vorbei ist. Am 27. Juli hatte ich Bergfest. Seit über 6 Monaten bin ich schon hier unten. Zeit, ein Fazit zu ziehen:

Australien ist schön. Auch wenn ich knapp 5 der über 6 Monate hier gearbeitet habe, und noch nicht so wahnsinnig viel gesehen habe, kann ich jetzt schon sagen, dass ich diesen Schritt auf keinen Fall bereut habe und mich hier pudelwohl fühle.

Ich vermisse euch, meine Freunde, meine Familie, mir ist aber klar geworden, dass ich Deutschland, also das Land, überhaupt nicht vermisse, nicht ein bisschen. Natürlich kann ich nur sehr subjektiv über das Leben in Australien urteilen, meine Erfahrung zeigt aber, dass die Lebensqualität in Australien einfach höher ist, als “bei uns”. Die Menschen scheinen hier viel glücklicher zu sein, das merkt man Tag für Tag in jeder Situation. Selbst Menschen in vermeintlich niederen Jobs sind immer gut drauf und freundlich, die meisten Leute haben Geld und genießen ihr Leben mehr als das deutsche Menschen in gleicher Jobsituation tun würden. Ein Tischler verdient hier soviel Geld, dass es trotzdem für ein chickes Haus und 2 Autos reicht, und auch die teuren Alkoholpreise scheinen für die Aussies kein Problem darzustellen.

Ich glaube auch nicht, dass man in Deutschland in einem schlecht bezahlten Job in 5 Monaten knapp 4000 Euro sparen kann, hier geht das. Dabei werden die Backpacker meist unterbezahlt. Wenn man Australier ist und sich hier gut auskennt, verdient man auch im Nebenjob richtig gutes Geld. Emily, ein echtes Aussie-Girl, arbeitet als Nanny hier in Scone und verdient 900 Dollar die Woche. So lässt`s sich leben, und das ist keine Seltenheit.

Hinzu kommt das Wetter. Es ist eben einfach besser, die Sonne scheint fast immer, und das beflügelt zumindest bei mir und anscheinend auch bei den Australiern das Gemüt. Im jetztigen Winter wird es nachts zwar kalt, auch bis in die Minusgrade, tagsüber klettert das Quecksilber aber imer auf mindestens 15 Grad. 23 Grad tagsüber, so wie heute, ist auch nicht selten. So ein Winter ist gut zu überstehen. Trotzdem müssen die Aussies nicht auf Schnee und Ski verzichten. Wenn die wenigen Australischen Skigebiete nicht reichen, setzt man sich für wenig Geld in den Flieger nach Neuseeland, dort gibt es ein Haufen Gebiete um Wintersport zu treiben. Die Macintyre Family will schon im nächsten Januar nach Japan fliegen um dort die Pisten unscher zu machen.

Das Australische Volk hat Nationalstolz. Wir brauchen eine Fußball WM um stolz auf unser Land zu sein. Kein Wunder, jedenfalls ich finde, dass man immer das Gefühl hat gegen den eigenen Staat ankämpfen zu müssen, um nicht schlecht dazustehen. Das ist hier anders. Immer wieder hat man das Gefühl, dass der Staat für einen sorgt. Im Radio hört man Werbespots der Regierung um die Menschen zu ermutigen Ihre Steuererklärung zu machen um Steuern zurückzubekommen. Die Steuererklärung ist viel einfacher und die Formulare muss man sich nicht in irgendwelchen Ämtern abhoen, sondern bekommt sie kostenlos im nächsten Zeitungsladen überreicht (und das ist nur ein Beispiel).
Wenn es in den Nachrichten um irgendwas australienspezifisches geht, ist immer die Rede von den “Australiern”. Bei uns heisst es einfach nur die Leute in Deutschland. Das mag für den ein oder anderen nationalistisch sein, für mich zeigt es ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl des Volkes. Die Australier lieben ihre eigenen Produkte, auf allen möglichen Verpackungen steht “Aussie made” und “real Aussie product” drauf.

Nicht nur die großen bekannten Cities wie Sydney oder Melbourne sprühen vor Leben, auch die kleinen Städte und Dörfer sind unglaublich lebendig. Wenn man in eine Kleinstadt in Deutschland kommt, findet man meist ein totlangweiliges Nest vor, in dem nur noch Alte wohnen und man schon Glück hat, wenn schon keine Dorfkneipe, dann wenigstens ein Sportlerheim eines Fußballclubs zu finden.
Hier blühen die kleinen Städte regelrecht. Man hat das Gefühl, dass es mehr Kinder als Eltern gibt, und obwohl ich persönlich meine Stadt Scone trotzdem etwas langweilig finde, hat es doch im Vergleich zu deutschen Städten dieser Größe verdammt viel zu bieten. Es gibt hier Rugby Clubs, Golfclubs, Soccerclubs, mehrere Schulen, dauernd Veranstaltungen jeglicher Art und 5 Pubs, die gleichzeitig Restaurant und Disko sind. An einem Samstag abend gibt es eine richtige Szene, auch wenn man immer die gleichen Leute trifft.

Australien ist ein sehr schönes und vor allem glückliches Land mit tollen Menschen, die ihr Leben genießen und das auch ausstrahlen. Ich kenne sehr viele Deutsche, die hier sind und darum kämpfen, eine permanent residency (dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung) zu kriegen. Ich kann verdammt gut verstehen warum.

Ach ja, eines vermisse ich an Deutschland: Unsere Autobahnen mit dem wunderschönen weißen Verkehrsschild mit den 5 schwarzen Strichen ;-).

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